23.03.2012
Events

Anger Racing: Verschollen in den Karpaten

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„Ach du verdammte Sch…“, war mein erster Gedanke. Wie waren wir hier nur hinein geraten? Unsere Fahrzeuge saßen fest – aber richtig, und zwar mitten in den tiefsten Bergen von Rumänien: den Karpaten… Thomas Anger berichtet.
Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Hier war die Welt noch in Ordnung.Doch jetzt erst einmal von ganz vorn: Wie jedes Jahr einmal startete das Anger Racing Team auch 2011 zu einer großen Tour. Drei Quads und zwei Motorräder wurden am Vormittag des 14. Oktober im strömenden Regen in Gifhorn auf den Anhänger verladen – zwei weitere Teilnehmer aus Berlin sollten später zu uns stoßen. Die Fahrt verlief relativ entspannt, wir wechselten uns mit dem Fahren ab und durchquerten so Deutschland, Österreich und danach Ungarn. Nach schier endlosen 24 Stunden Fahrt erreichten wir unser Ziel: Rumänien – das Eldorado für Quad- und Enduro-Fahrer.

Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Hier war die Welt noch in Ordnung.

Erkundungs-Tour mit Tücken

Voller Vorfreude bezogen wir unser Quartier in Borlova bei der Familie Zacharias. Umgehend wurde alles aus- und abgeladen, denn natürlich wollten wir diesen Tag noch für eine kleine Tour nutzen. Nach einem Blick in die detailierte Karte schnell ein paar Punkte im GPS gesetzt, und los ging’s. Wir bewegten uns im näheren Umfeld von Borlova über schmale Eselspfade durch kleine Waldgebiete und diverse Bachläufe, wo wir uns das erste Mal festfuhren. Extrem tückisch waren die großen Steine in den Bachläufen, die einiges von uns abverlangten. Uns steckte noch die lange Fahrt in den Knochen, so dass wir froh waren, nach dem kurzen Trip mit nassen Füßen wieder in unserer Unterkunft angelangt zu sein. Auch unsere zwei Mitstreiter aus Berlin trafen im Laufe des Abends ein, somit war die Gruppe nun komplett.

Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Hier war die Welt noch in Ordnung.

Aufbruch in die Wildnis

Frisch ausgeschlafen und großartig gelaunt starteten wir in den nächsten Tag. Nach dem Frühstück waren alle heiß darauf, sich so richtig auszutoben. Ich studierte noch kurz die detaillierte Karte und strickte uns per GPS eine Route zurecht. Heute wollten wir einiges sehen. Wir verließen rasch Borlova, über kleine Ausläufer ging es direkt in die Karpaten. Über kilometerlange Auffahrten und tiefe Abhänge erreichten wir eine alte, zerfallene Burg, in der wir unsere erste Rast machten. Nach einer kleiner Stärkung verließen wir die wunderschöne Aussicht in einer Höhe von ca. 1.200 m – hinein in die Wälder über spitze Kämme, traumhafte Waldalleen und schier unendliche Weiten.
Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Hier war die Welt noch in Ordnung.Nach einigen Bergauf- und Bergabfahrten, die wir nur durch gegenseitige Unterstützung bewältigen konnten, traten wir so langsam den Heimweg an. Schließlich befanden wir uns etliche Kilometer von unserer Unterkunft entfernt, und die Nacht brach zu dieser Jahreszeit schnell herein. Und ohne Knoblauch und Weihwasser wollte keiner von uns eine Nacht alleine in den Karpaten verbringen…
Wir suchten eine passende Abfahrt, die uns schnell, aber auch nicht zu steil aus den Bergen ins Tal führen sollte. Nachdem diese gefunden war, wagten wir den Abstieg. Nach einem harmlosen Beginn wurden die Abfahrten jedoch immer steiler. An ein Anhalten war jetzt nicht mehr zu denken, die Fahrzeuge rutschten. Mit leicht kontrollierter Bremse kamen wir nach etlichen Kilometern endlich in einem Flussbett an.

Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Verdammte Sch… – die Fahrzeuge stecken fest!

Wir stecken fest!

Erleichtert und mit allen heil angekommen lag eine Überraschung vor uns, die wir nicht vermutet hatten: Abgesägte Baumstämme lagen kreuz und quer im Flussbett, was ein Vorwärtskommen unmöglich machte. An ein Umdrehen war ebenso nicht zu denken, da die Abfahrt zu steil war, um sie in umgekehrter Richtung zu bewältigen. Die Dunkelheit brach bald herein, und wir hatten keine Zeit für Experimente. Also beschlossen wir, mit leichtem Marschgepäck den Weg aus den Karpaten zu Fuß in Angriff zu nehmen. Wir liefen den Flusslauf bergab, die Dämmerung kam, und die Motivation sank.
Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Hier übernachten? Auf gar keinen Fall!Doch endlich ein Licht am Ende des Tunnels: Wir hörten Motorsägen, und das hier in den tiefsten Bergen. Hurra! Also immer dem Lärm nach. Irgendwann standen wir vor, nun ja: drei finster dreinblickenden Waldarbeitern. Wenn da nur nicht die Sprachbarriere wäre… Nach einiger Zeit wussten wir zumindest, dass wir einen Rumänen, einen Spanier und einen Italiener vor uns hatten, die hier im Wald leben und Bäume fällen. Somit hatten wir ja die Übeltäter unserer Misere gefunden. Wir waren ca. 40 km von unserer Unterkunft und noch 7 km Fußmarsch vom nächsten Ort entfernt. Doch die Gastfreundschaft der Waldarbeiter war erstaunlich: Sie luden uns ein, mit ihnen gemeinsam in ihrem Bauwagen zu übernachten. Nachdem wir diesen gesehen und mitbekommen hatten, dass hier mit uns dann insgesamt 13 Mann übernachten sollten, lehnten wir dankend ab.

Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Da sind ja unsere Schätzchen

Fußmarsch in der Dunkelheit

Uns blieb keine andere Wahl: Wir mussten in den sauren Apfel beißen und weitere 7 km Fußmarsch hinter uns bringen. Aber mittlerweile hatten wir ja Übung. Ich weiß nicht, ob die Stimmung überhaupt noch tiefer sinken kann als zu diesem Zeitpunkt: Fahrzeuge weg, wir völlig durchnässt, hungrig und wenig motiviert, noch weiter zu laufen. Aber nicht weiter drüber nachdenken… In tiefster Dunkelheit sahen wir endlich ein paar Lichter – wir hatten den Ort erreicht! Endlich hatten unsere Mobiltelefone auch wieder Empfang, so dass wir uns wenigstens bei Zacharias melden konnten, der schon etliche Male versucht hatte, uns zu erreichen.
Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Die Waldarbeiter geben richtig GasSchließlich konnten wir in einem kleinen Ort eine Rumänin mit einem VW Bus ausfindig machen, die dann am Telefon von Zacharias überzeugt wurde, uns zurück nach Borlova zu bringen. Gegen Mitternacht fielen wir todmüde in unsere Betten. Doch an langes Schlafen war nicht zu denken. Schließlich hatten wir mit den Waldarbeitern ausgemacht, dass wir gleich früh am nächsten Morgen vor ihrem Bauwagen stehen und sie uns helfen, unsere Fahrzeuge wieder ‚freizulegen‘.

Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Völlig fertig, aber auch überglücklich, dass wir dank der freundlichen Waldarbeiter unsere Fahrzeuge wieder haben

Räumkommando

Gesagt, getan – am nächsten Morgen gegen 9 Uhr standen wir vor dem Bauwagen, doch niemand war da! Wo zur Hölle sind die hin? Immerhin, die Motorsägen sind zum Glück über weite Strecken zu hören, so dass wir sie schnell ausfindig machen konnten. Und schon ging’s los: Die Waldarbeiter immer vorne weg zersägten die Baumstämme, und wir räumten sie aus dem Weg.
Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Jetzt sind alle wieder gut drauf!Schneller als wir dachten hatten wir endlich unsere ‚Schätzchen‘ erreicht. Und sie standen noch genauso da, wie wir sie gestern verlassen hatten – wer sollte hier auch etwas daran geändert haben? Gute Laune breitete sich aus. Also alles zusammen- und aufgepackt und runter ins Tal. Von dort aus legten wir dann noch eine Sektion über kleine Pfade zurück zur Unterkunft ein.

Anger Motorradtechnik, Rumänien-Tour 2011: Heute lieber Sight-Seeing

Besser Sight-Seeing…

Am nächsten Morgen beim Frühstück baten mich meine Mitstreiter mit einem breiten Grinsen für diesen Tag um eine gemütliche Tour. So beschlossen wir, unseren letzten Tag über die leichten Ausläufer der Karpaten, wunderschöne Bachläufe und durch kleine Ortschaften und unendlich schöne Weiten ausklingen zu lassen.

Kontakt: Anger Motorradtechnik